Blinnenhorn (3374 m) - Tessin/Wallis
Skitour

Bericht
03.-04. Januar 2000

Montag
"Viel Spass" wünscht uns der Herr am Skilift am Ende des Val Bedretto für unsere Skitour und geht zurück in seine Hütte, mit ihm auch die fünf Franken, die wir ihm für den Parkplatz löhnen durften. Die Schweizer haben auch im Tessin ein einnehmendes Wesen, aber es heißt ja nicht umsonst schon im Wilhelm Tell "Durch diese Hohle Kasse muss er kommen" (oder habe ich aus der Erinnerung nun doch falsch zitiert...;-). Immerhin sind ja Straße und Parkplatz geräumt, und das kostet tatsächlich Geld.
Unser Weg folgt eine ganze Weile der verschneiten Nufenenstrasse. Zuerst finden wir eine ganze Menge Skispuren, aber nach und nach zweigen die meisten ab. Zur Capanna Corno Gries führt keine. Nach etwa zwei Stunden verlassen wir die Strasse und folgen einer kleinen Rinne, die zur Hütte hochführt. Da die Lawinengefahr momentan nur mäßig ist und der Schnee dort gut verfestigt, erscheint uns das als der günstigste Weg, und das bewahrheitet sich auch.
Offensichtlich ist der Nufenenpass gesperrt
Offensichtlich ist der Nufenenpass gesperrt.
Die Hütte (2338 m) ist nach drei Stunden erreicht, während denen wir nur einmal kurz die Sonne sehen. An der Hütte wartet als sportliche Zusatzaufgabe noch das Ausgraben der Hüttentüre. Auch die Hütte bekommt offensichtlich in dieser Jahreszeit überhaupt keine Sonne, das ganze Haus ist eisig kalt.
Dienstag
Am nächsten Morgen geht es um zwanzig vor acht los, also noch vor Sonnenaufgang. Das Tal zum Passo del Corno ist ausgesprochen flach; wir brauchen über eine Stunde für die 150 Höhenmeter. Von hier führt eine ab- und wiederaufsteigende Querung zum Griespass (2473 m) hinüber, die uns wiederum eine Dreiviertelstunde kostet. Aber hier gibt es wenigstens ein Zipfelchen Sonne.
Der Grossteil des Wegs ist schattig
Der Großteil des Wegs ist sehr schattig
Das ist aber auch schnell wieder vorbei: Rechts am Bettelmatthorn geht es vorbei am südlichen Ufer des Griesgletschers. Das liegt den ganzen Tag im Schatten, und es ist fürchterlich flach. Gerade einmal geht es ein wenig steiler aufwärts auf das obere Gletscherplateau, und da kommt endlich die Sonne über den Grat.
Endlich Sonne - und endlich ist auch der Gipfel in Sicht
Endlich Sonne - und endlich ist auch der Gipfel in Sicht.
Das Skidepot auf der Südseite des Gipfels liegt auf 3300 m. Um halb zwei sind wir dort, von der Hütte waren es fast elf Kilometer Strecke bis hier. Der Schlusshang bietet mit 35-40° steilem Schnee keine Schwierigkeiten.
Das Blinnenhorn ist mit 3374 m kein besonderer Riese in der Schweiz, steht aber in dieser Gegend zwischen Wallis und Tessin konkurrenzlos über der Mini-Arktis der umgebenden Gletscher. Prächtig ist die Aussicht zum gegenüberliegenden Finsteraarhorn (vgl. unsere Tourenbeschreibung von Sept. 1997), das von hier unnahbar steil erscheint. Der ganze Rest von der Bernina zu den vielen Viertausendern der Walliseralpen macht die Rundum-Schau fast vollkommen, da der Himmel immer noch wolkenlos ist. Auf dem Gipfel steht übrigens anstatt eines "großen" Gipfelkreuzes allerhand mehr oder weniger Heroisches oder Kitschiges herum: Eine Steintafel mit italienischer Inschrift, ein italienischer Bronze-Adler, der auf einem Bronze-Ski keine sonderlich überzeugende Figur macht, ein Steinkreuz und eine Heiligenfigur. Diverse Plastik-Drainagerohre und ein Vorschlaghammer runden das Stilleben ab.
Der Gipfel-Geier
Der Gipfel-Geier.
Blick hinüber zum Finsteraarhorn
Blick hinüber zum Finsteraarhorn
Im Januar wird's früh dunkel, wir sollten uns also wieder auf den Weg machen. Der Gletscher ist über lange Strecken nicht mal steil genug, dass die Ski ohne Schieben laufen würden. Ausserdem ist fast alles im oberen Bereich hart oder windverblasen (lauter kleine eklige Windgangeln), weiter unten eher Bruchharsch. Das Abfahrts-Vergnügen ist - wie so oft - also eher eingeschränkt. Das weiss man natürlich auch und gibt sich keinen überzogenen Erwartungen hin.
Um halb fünf sind wir zurück an der Hütte. Nochmal den langen Weg zum Griesgletscher, um irgendeinen anderen Berg dort zu machen, ist keine sonderlich lohnende Perspektive; und in diesem Schattenloch nochmal zu übernachten auch nicht. So fahren wir im letzten Licht noch ab zum Auto, das wir um 17.40 erreichen - nach 29 km Strecke an diesem Tag.

Praktische Hinweise

Die Capanna Corno Gries (2338 m) ist im Januar noch nicht bewartet. Um diese Zeit ist es auch sehr schattig. Telefon Hütte +41 91 869 1129.
Hüttenweg
Der Hüttenweg folgt lange der Straße bis auf 1900 m. Dort (man sieht die Hütte gut) kann man sich dann etwas links halten und beispielsweise durch die Rinnen unterhalb des Materiallifts aufsteigen. Von Cioss Prato 800 Höhenmeter und 7.5 km, entsprechend ca. 3 Stunden. Bei höherer Lawinengefahr könnten die Rinnen allerdings gefährlich sein, eine gute Alternative haben wir aber auch kaum gesehen. Also nur bei "gering" bis "mäßig" anzuraten.
Aufstieg zum Blinnenhorn
Von der Hütte geht es mit diversen Gegensteigungen zum Passo del Corno, 150 Höhenmeter auf 3 Kilometer Strecke. Nicht links den Hang hoch verleiten lassen, sondern etwas rechts des Talbodens bleiben.
Vom Passo del Corno zum Griespass quert man nach Skitourenkarte fast horizontal. Tatsächlich steigt man erst etwas ab, quert dann aufsteigend auf eine Rippe, um dann zum Griespass abzufahren. Bei Lawinengefahr über 2 sehen diese Hänge nicht sehr einladend aus. Vielleicht kann man dann stattdessen zum Ufer des Griessees abfahren und dort queren.
Vom Griespass geht man fast horizontal mit kleinen Auf- und Abstiegen (unter 20 m) zum Griesgletscher hinüber. Der ist dann praktisch flach, und der weitere Routenverlauf ist mit Studium der Skitourenkarte 265S eindeutig. Das Skidepot liegt auf ca. 3300 auf der Südseite; von dort führt ein 35-40° steiler Schnee- oder Schutthang zum Gipfel. Von der Hütte zum Gipfel sind es netto 1040 Höhenmeter, dazu ca. 100 HM Gegensteigungen. Sehr lang, knapp 11 km bis zum Gipfel. Der Gletscher ist über lange Strecken zu flach, dass die Abfahrt richtig "laufen" würde.
Führer/Karte
Führer: Landkarte:
© 2000 Hartmut Bielefeldt

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Letzte Änderung am Freitag, 9. August 2002 durch Hartmut Bielefeldt