Mont Blanc (4810 m) über Grands Mulets

Alpenvereinstour der DAV-Sektion Überlingen

Bericht
05.-06. Juli 2003

Samstag, 05. Juli

Plan de l'Aiguille, Samstag, 12:50 - endlich können wir bei schönstem Wetter zu unserer Mont Blanc-Besteigung starten, die letztes Jahr so kräftig ins Wasser gefallen war. Es ist recht warm, und der Weg zum Refuge des Grands Mulets verspricht schweißtreibend zu werden. Die nur 750 Höhenmeter sind garniert mit etlichen Gegensteigungen und zeitraubendem Spaltengewirr.

Der kleine, schuttbedeckte Glacier des Pélerins gleich nach der Station ist noch recht schnell überquert, und nach anderthalb Stunden legen wir am Glacier des Bossons die Steigeisen an. Bald kommt auch das Seil dazu, denn die offenen Spalten erfordern schon den einen oder anderen Hopser.

Das Gelände ist manchmal sehr unübersichtlich: Besonders in La Jonction, wo die beiden Äste des Bossonsgletscher sich von oben her sehr zerwürfelt wieder treffen, muss man zwischen halb zerfallenen Eistürmen hindurchturnen. Da hält nicht immer alles. Den Hang unterhalb der Hütte führen mehrere Spuren hoch - manche sind etwas weniger schlecht als andere. Nur weiß man dass nicht vorher. Auf der mittleren Spur stehen wir schließlich auf einem Block, der ringsum von Spalten umgeben ist. Da hilft nur ein beherzter Sprung. Tatsächlich stellt sich später heraus, dass diese Spur für den Aufstieg die beste gewesen war. Die Hütte erreichen wir erst um fünf Uhr.

Grands Mulets ist der Felssporn in Bildmitte
Grands Mulets ist der Felssporn in Bildmitte
La Jonction
La Jonction
Tiefe Löcher müssen übersprungen werden
Tiefe Löcher müssen übersprungen werden
Der kurze Steig zur Hütte
Der kurze Steig zur Hütte

Sonntag, 06. Juli

Gestern abend ging es zwar schon kurz nach acht ins Bett, aber richtig geschlafen hat eigentlich keiner. Warum, weiß eigentlich auch keiner, denn es war ruhig, und die Hütte war ja fast leer. Egal, um eins wird sowieso geweckt. Wir essen, was man sich um diese Zeit halt so einwerfen kann. Kurz nach halb zwei verlassen wir die Hütte.

Zum Glück ist die Spur gut zu sehen, denn es ist stockdunkel. Zwischen schwarzen Löchern hindurch geht es aufwärts mit vielen Querungen; dann ein kleiner Firngrat, eine etwas eisige Querung, und endlich wird das Gelände bequemer. Am Beginn des Petit Plateau gibt es nach zwei Stunden eine Pause. Die Spalten sind nun zugeschneit, und die Spur verläuft jetzt gerade durchs kleine Tal zum Grand Plateau. Hinter der Aiguille du Midi, die jetzt schon deutlich unter uns liegt, erkennt man bald einen hellen Streifen. Aber erst um sechs Uhr bekommen wir das erste Sonnenlicht zu sehen. Am Refuge Vallot kommen wir um sieben Uhr an. Auf der Normalroute von der Goûter-Hütte her ist die halbe Welt unterwegs, sicher über hundert Leute. Von Grands Mulets kommen außer uns sieben nur noch vier weitere Bergsteiger hoch.

Über vier Stunden sind wir schon unterwegs
Über vier Stunden sind wir schon unterwegs
Die Aiguille de Bionnassay (4052) liegt unter uns
Die Aiguille de Bionnassay (4052) liegt unter uns
Bosses-Grat, 4400 m
Bosses-Grat, 4400 m
Zwei Stunden bis zum Ziel
Zwei Stunden bis zum Ziel
Mont Blanc, 4810 m
Mont Blanc, 4810 m
Aussicht auf Berner und Walliser Alpen
Aussicht auf Berner und Walliser Alpen

Claudia geht mit vier Teilnehmern den Bosses-Grat zum Gipfel, während ich nach einem kurzen Stück lieber zum Refuge Vallot zurückgehe: Meine Verdauung rebelliert. Die fünf brauchen noch zweieinhalb Stunden bis zum Gipfel, werden aber von einer großartigen Rundsicht belohnt.

Der Rückweg ist weit. Langsam werden alle mehr oder weniger müde, und der Schnee wird matschig. Trotzdem muss man in dem Spaltengewirr weiter unten ordentlich mit Steigeisen gehen. Das kostet seine Zeit. Die großen Spalten unterhalb der Hütte müssen mit gewagter Hopserei überwunden werden, das ist sehr gewöhnungsbedüftig. Für den Abstieg vom Gipfel bis zur Seilbahnstation - das sind 2500 Höhenmeter - brauchen wir 6 1/2 Stunden.

Nun noch fünf Stunden bis nach Hause... Die Autobahn ist ein einziger Stau: Oensingen, Rothrist, Baregg, Gubrist. Um halb elf fallen wir müde zuhause ins Bett, über zwanzig Stunden nach dem Frühstück. Der Mont Blanc ist anstrengend, aber bei dem schönen Wetter haben sich die Mühen gelohnt.


Praktische Hinweise

Refuge des Grands Mulets

Die Hütte liegt auf 3051 m Höhe auf einem Felssporn inmitten des Glacier des Bossons. 68 Plätze, Telefon ++33 450 53 1698. Der Hüttenwart spricht gut deutsch. Übernachtung EUR 8.50 (für AV-Mitglieder), Halbpension EUR 32.50.
Von der Mittelstation der Seilbahn Plan de l'Aiguille braucht man 3-4 Stunden je nach Verhältnissen auf dem Gletscher. Der Bossons-Gletscher ist sehr zerrissen: Im Bereich La Jonction auf 2700 m gibt es einen kleinräumigen, sehr instabilen Bruch, und weiter oben waren die Spalten dieses Jahr schon so weit offen, dass man nur durch Überspringen der gröbsten Löcher weitergekommen ist.

P.S. (Stand August 2003): Seit Mitte Juli ist für diese Saison die Hütte nicht mehr erreichbar. Der Mont Blanc kann nur noch über die Goûter-Route bestiegen werden; auch die Überschreitung vom Refuge des Cosmiques ist problematisch.

Normalweg

Von der Hütte aus quert die Route aufsteigend auf den Nordgrat des Dôme du Goûter zu. Während man früher dann halblinks das Gletschertal aufwärts gegangen war, machte die Spur dieses Jahr einen Umweg nach links auf den kleinen Gletschergrat vom Pic Wilson zum Rocher de l'Heureux Retour. Letzteren umgeht man rechts und erreicht so wieder den Talboden. Der etwas steilere Hang Petites Montées führt auf das Petit Plateau (3600 m). Die Spalten sind nun weniger offen und bieten keine wesentlichen Hindernisse mehr. Über Grandes Montées erreicht man das Grand Plateau auf 3900-4000 m, und (rechts ausholend) bald die Normalroute vom Refuge du Goûter und das Refuge Vallot (4362 m). Von dort folgt man immer mehr oder weniger dem Grat auf den Gipfel. Gesamtzeit normalerweise 6-8 Stunden.

Führer/Karte


© 2003 Hartmut Bielefeldt

Valid HTML 4.0! Diese Seite entspricht dem HTML 4.0 Standard.
Letzte Änderung am Montag, 18. August 2003 durch Hartmut Bielefeldt