Kurzzusammenfassung - Berge | |||
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08.08. | Cerro Jorquencal | 4971 m | alle fünf auf dem Gipfel |
09.08. | Cerro Corona | 5291 m | nur bis 4760 m |
10.08. | Cerro Corona | 5291 m | Claudia |
12.08. | Tatio Sur | 5200 m | Hartmut |
13.08. | Cerro Colorado | 5748 m | Claudia |
14.08. | Sairecabur | 5971 m | nur bis 5535 m |
17.08. | Volcán Acamarachi (Pili) | 6046 m | Claudia, Hartmut |
18.08. | Cerro Negro de Pujsa | 5135 m | Marion, Henning, Hartmut |
20.08. | Cerro Toco | 5604 m | Claudia, Hartmut, Marion |
22.08. | Cerro Toco | 5604 m | alle fünf auf dem Gipfel |
Nach zwei - zugegebenermaßen sehr schönen - Reisen nach Ladakh wollten wir dieses Jahr eine andere Gegend besuchen. Dabei fiel unsere Wahl auf Nordchile, denn dort gibt es hohe Berge, die man während unserer Sommerferien besuchen kann. Diese Reise organisieren wir selbst, es wird keinen wochenlangen Trek geben, sondern wir möchten die einzelnen Berge als Ein- oder Zweitagestouren unternehmen und dazwischen jeweils wieder in die "Zivilisation" zurückkehren.
Die Anreise per Bahn läuft bis kurz vorm Flughafen Frankfurt reibungslos. Dann geht länger nichts vorwärts, bis der Lokführer eine Wende wegen Stellwerkstörung ankündigt. Über den Hauptbahnhof sind wir dann mit 1 1/4 Stunden Verspätung am Flughafen. Bis dort das Terminal 2 gefunden ist, ist unser Zeitpuffer weitgehend aufgebraucht (und unsere Stresstoleranz auch). Es reicht aber noch vernünftig für den Flug nach Madrid. Im Gegensatz zu Frankfurt ist dort der Transfer ins andere Terminal klar beschildert und die Station deutlich angekündigt. Um halb eins nachts startet der Flug nach Santiago, zur Ruhe kommt man gegen halb drei.
Pünktlich sind wir morgens um 7:50 in Santiago. Ein hilfsbereiter Herr bringt uns (für ein kleines Trinkgeld) an den richtigen Schalter und checkt uns das Gepäck ein. So haben wir bis zum Inlandsflug noch Zeit für einen Imbiss. Zwei Stunden Flug bis Calama mit schöner Aussicht auf die praktisch menschenleere Andenkette. Um Santiago herum war alles noch stark verschneit, nach Norden hin wird es immer grauer.
Nachmittags um halb vier am Hostal, nach 34 Reisestunden. Nur, es ist niemand da. Nach anderthalb Stunden macht ein älterer, ziemlich schwerhöriger Herr auf, endlich haben wir ein Bett. Ein Restaurant zu suchen und dann noch ggf. aufs Essen zu warten, dauert uns heute abend zu lange. Im Supermarkt eingekauft und im Hostal ein kaltes Abendessen genossen, sind wir um sieben Uhr im Bett.
Santiago |
Ankunft in Calama |
Eingeschlafen sind wir schnell, aber trotz der Müdigkeit der langen Reise wegen reicht es nicht bis zum Sonnenaufgang um sieben Uhr. Morgens holen wir den Mietwagen am Flughafen, fahren dann zum Einkaufszentrum. Wegen diverser Umleitungen ist das in unbekannter Stadt recht mühsam. Der Geldwechsel in der Bank ist ein zeitaufwändiges Geschäft, es dauert eine halbe Stunde. Im großen Supermarkt erledigen wir den großen Einkauf für die Bergtouren. Einige Dinge, die nett gewesen wären, sind nicht zu finden wie Ravioli oder andere Dosengerichte. Aber das Meiste findet sich. Abendessen heute in einem peruanischen Restaurant, das war das Nächstgelegene. Immerhin halten wir abends schon bis acht Uhr durch.
Wenn man früh ins Bett geht, sind die Nächte lang. Gegen zwei oder drei Uhr wacht jeder mal auf, noch daran gewöhnt, dass es zuhause acht Uhr wäre. Aber mehr oder weniger schläft man dann bis sieben Uhr weiter.
Nach dem Frühstück im Hostal wird das - eigentlich nicht so klein erscheinende - Auto beladen. Das erfordert einige Optimierungsschritte; im dritten Versuch passt schließlich alles rein.
Der Weg aus Calama heraus ist irgendwann gefunden, nach einer guten Stunde auf hervorragender Straße sind wir in San Pedro de Atacama. Zuerst Tanken, wer weiß schließlich, wann's wieder mal was gibt. Ein bezahlbares Zimmer1 ist bald gefunden; unser Rundgang durch den Ort ergibt ein Arrangement von Hüpfburgen auf der Plaza: Zum "Tag des Kindes" ist viel geboten, was für Nina natürlich ein besonders glücklicher Zufall ist. Am großen Parkplatz steht ein Rummelplatz mit diversen Fahrgeschäften, die alle kostenlos sind. Abends eine gute Pizza im Restaurant.
Kirche in San Pedro de Atacama |
In San Pedro ist "Tag des Kindes" |
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Heute findet unsere - lange vorreservierte - Besichtigung des Radioteleskops ALMA (Atacama Large Millimeter/Micrometer Array) statt. Seit Ende der 90er Jahre hat man erkannt, dass die Gegend um San Pedro speziell für die Radioastronomie
einzigartige Umgebungsbedingungen bietet: sehr trockene, hochgelegene Beobachtungspunkte minimieren die Absorption durch Wasserdampf in der Atmosphäre. Das Projekt ALMA ist das modernste und leistungsfähigste Radioteleskop, das es aktuell auf der Welt gibt. 66 einzelne Teleskope mit jeweils 12 m Durchmesser können auf der Chajnantor-Hochebene
millimetergenau auf vorbereiteten Plattformen zu unterschiedlichen Konfigurationen zusammengeschaltet werden, die - einfach gesprochen - im besten Fall einem einzigen Radioteleskop von 16 Kilometern Durchmesser entsprechen. Die Zusammenschaltung dieser 66 Teleskope ist natürlich absolutes High-Tech, so müssen nicht nur die Laufzeitunterschiede der Signale wegen der verschiedenen Positionen der einzelnen Antennen kompensiert werden.
Man muss sogar einrechnen, dass die Schüsseln - wenn sie einem bestimmten Objekt folgen und die Erddrehung kompensieren müssen - je nach Neigungswinkel verschiedene Lichtlaufzeiten erfahren. All diese Berechnungen finden in einem Supercomputer statt, der nahe der Teleskope auf über 5000 Metern stationiert ist und von Technikern mit Sauerstoffmaske gewartet wird.
Die Auswertung der Daten und die Steuerung der Teleskope findet in der Zentrale auf 2900 m statt, und die können wir auch besuchen.
Eine englischsprachige Führung erklärt uns Bau, Betrieb und Funktion der Anlage. Zum Standort der einzelnen Teleskope führt die Tour nicht, weil sie auf über 5000 m Höhe stehen, das ist für unakklimatisierte Besucher eindeutig zu hoch. Außerdem herrschen dort oben aktuell ca. 70 km/h Wind, das wäre ohnehin nicht besonders angemehm. Insgesamt hat sich der Besuch aber vollauf gelohnt. Schließlich kostet er auch nichts, aber das Engagement unseres Guides ging klar über das heraus, was man als Steuerzahler für den einen Euro, den dieses Milliardenprojekt jeden Bürger in EU/USA/sonstwo gekostet hat, erwarten könnte.
kompetente Führung durch ALMA |
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Die Teleskope selbst sehen wir nur auf dem Monitor |
Das Transportfahrzeug für die Teleskope |
Nachmittags fahren wir zum Sonnenuntergang ins Valle de la Luna. Seit vor 20 Jahren hat sich dort einiges verändert: Die Durchfahrt kostet Eintritt, und man darf nur auf einigen wenigen Wanderwegen gehen, Bei der heutigen Besucherfrequenz wären sonst die Sanddünen sicher bald kaputt. 1994 waren wir praktisch alleine im Valle de la Luna gewesen.
Valle de la Luna |
kleine Wanderung im Valle de la Luna |
Abend |
bei der großen Düne |
Erster Akklimatisationsberg. Auf der Fahrt Richtung Tatio begegnen uns Vizcachas und Guanacos. Auf 4550 m parken wir das Auto in der Puna und gehen auf den Cerro Jorquencal (4971 m).
Von hier aus ist das nur ein Gras- und Schutthügel, aber die Höhe hat es in sich. Schließlich sind wir noch überhaupt nicht akklimatisiert.
In 2-3 Stunden erreicht jeder den Gipfel, auch Nina, für die nicht die Kraft oder Ausdauer, sondern eher die Motivation das größere Problem war. Mit der Höhe an sich kommt sie wiederum offenbar am besten von uns allen zurecht.
Vom Jorquencal aus fahren wir zurück Richtung San Pedro de Atacama, um einen Schlafplatz auf akzeptabler Höhe zu finden. Tatio mit 4200 m wäre zu hoch für die erste Nacht. Etwas oberhalb der Baños de Puritama werden wir auf 3650 m fündig. Der Abend ist kurz: Schon bevor die Sonne untergeht, wird es kalt, und wir verschwinden im Zelt.
unser erstes Bergziel, der Cerro Jorqencal |
Guanaco (oder Vicuña?) |
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Start der Wanderung auf 4550 m |
auf dem Cerro Jorquencal, 4971 m |
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Mit dem Auto geht es wieder hinunter und weiter auf die Südseite von San Pedro. Jenseits von Talabre finden wir an der Straße zur Laguna Lejía auf 3900 m einen flachen Platz zum Zelten. Henning und ich fahren weiter, um den Cerro Corona (5291 m) anzugehen. Schon am Pass auf 4350 m ist es sehr windig. Nach 400 Höhenmetern wird uns der Wind zu lästig, er hat immer weiter zugenommen und bläst nun mit etwa 60 Sachen. Nun wird er beim Gehen schon richtig hinderlich. Weiter oben dürfte es noch unangenehmer sein. Wir kehren um.
Am Lagerplatz haben Claudia, Marion und Nina die Zelte aufgestellt, wobei sie viele tückische Löcher einebnen mussten. Wohin man hier im Sand auch nur tritt, der Fuß versinkt in einem Loch. Vor 20 Jahren hatten wir das am Lagerplatz am Láscar genauso festgestellt - sind wir etwa auf genau dem gleichen Platz gelandet?
Da wir jetzt noch reichlich Zeit vor dem Dunkelwerden haben, gibt es mit dem Auto einen Ausflug zur Laguna Lejía. Von der Rückseite des Láscar her sieht man gut die erloschenen Vulkane Aguas Calientes und Acamarachi. Letzteren möchten wir in einigen Tagen besteigen, allerdings von der anderen Seite aus.
Laguna Lejía mit den Vulkanen Láscar, Aguas Calientes und Acamarachi |
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Zeltplatz am Láscar |
Cerro Corona im Abendlicht |
Am Zelt sind morgens im Schatten -10°C. Dummerweise ist es der Schatten des Láscar, der uns eine ganze Weile vor der wärmenden Sonne "verschont". Ich bleibe mit Nina beim Lager, wir erkunden ein wenig die Umgebung und treffen einige Llamas, die uns genauestens beschnuppern. Von den anderen drei ist nur Claudia auf den Gipfel des Cerro Corona gekommen. Zwar war der Wind etwas besser als gestern, das Geröll war weiter oben alles andere als angenehm.
Nachmittags bauen wir das Lager ab, Rückfahrt nach San Pedro. Im gleichen Hostal wie letztes Mal gibt es noch ein Zimmer; neben einer Dusche gönnen wir uns ein Abendessen, ohne den Gaskocher anmachen zu müssen.
Llamas |
Ein recht neugieriges Exemplar |
Auf dem Gipfel des Cerro Corona (5291 m) |
Unser Permit sieht für morgen den Cerro Toco (5604 m) und danach den Acamarachi (6046 m) vor. Richtig fit für diese Höhe schätzen wir uns noch nicht ein. Wir gehen zu den Carabineros, um Datum und Reihenfolge der Berge zu ändern. Nach anfänglichem "Das geht nicht" ist eine Dreiviertelstunde später eine geänderte und abgespeckte Reihenfolge im Revierbuch notiert und unsere Abwesenheit an den Bergen damit registriert.
Lebensmitteleinkauf, Bäckerei, noch ein ordentliches Mittagessen - und wir machen uns auf den Weg nach Tatio. Beim Ort Tatio liegt ein wunderbarer See, in dem es sich Guanacos, Enten und viele andere Tiere gut gehen lassen. Auf der Weiterfahrt zu den Geysiren kommt immer wieder Staub ins Auto. Beim Aussteigen am Ziel sehen wir die Ursache dafür schnell: Die Heckscheibe fehlt. Nachdem wir ein Stück auf der Suche nach der Scheibe zurückgefahren sind, kommt die Erleuchtung: Die Scheibe ist vermutlich durch eine Fehlschaltung heruntergefahren worden. Ich wüsste schließlich nicht, wie ich das absichtlich tun könnte. Der Schalter zum wieder Hochfahren ist im Handbuch bald gefunden, und wir haben wieder eine Rückscheibe.
Wir übernachten beim Eingang zu den Geysiren von Tatio, mit dem Luxus echter Toiletten.
Nachts sind einig Autos hin- und hergefahren; um halb sechs wird es endgültig geschäftig. In der Kälte von -13°C packen wir alles außer den Zelten zusammen, bezahlen den Eintritt und fahren an die Geysire. Die Dampfwolken sind gegen Sonnenaufgang am eindrucksvollsten, nach einer Zeitlang wird uns aber kalt. Bei Sonne am Zeltplatz gönnen wir uns unser Frühstück, während Busladungen an Touristen für die Toiletten Schlange stehen.
Vom Pass südlich des Geysirbeckens besteigen Marion, Henning und ich den Tatio Sur. Den Nerv, nach dem 200 m Steilaufschwung in völlig losem Schotter ganz bis zum Südrand des großen, flachen Gipfelplateaus durchzuhalten, habe dabei leider nur ich. Das GPS zeigt 5210 m; nach unseren bisherigen Erfahrungen (die sich auch auf den anderen Gipfeln bestätigen) ist die Anzeige etwa 9 m zu hoch. Der Gipfel dürfte also 5200 m hoch sein.
Am Abend ist ein schöner Lagerplatz an einer alten Schwefel-Umladestation am Cerro Colorado gefunden, am Rand einer ausgedehnten Hochebene. Hier sollten keine Berge Schatten werfen, so dass wir lange Sonne haben werden. Es ist windstill und absolut ruhig. Keine Autos, keine Flugzeuge, keine Vögel - diese Stille ist erst mal ganz schön ungewohnt. Beim Herumspazieren hört man nur den eigenen Atem und das Blut in den Adern rauschen. Die Höhe ist mit 4550 m wieder 250 Meter über der letzten Schlafhöhe. Für die Akklimatisation dürfte das ideal sein: Die ersten Schritte auf 3900 m hatten wir etwas schnell gemacht, jetzt sollten wir uns für die 4500 m langsam konsolidieren.
Tatio-Geysire |
Wir haben alle sehr gut geschlafen, morgens sind es nur -5°, und schon bald kommt die Sonne. Wir verbringen einen ruhigen Erholungs- und Akklimatisationstag um den Lagerplatz herum, wo wir mehrere Vizcachas antreffen. Außerdem untersuchen wir eine höchst eigenartige Felsansammlung mitten in der Ebene. Als die (durch Weitwurf vom Vulkan aus) entstanden ist, muss es hier richtig gut gerumst haben.
Claudia besteigt derweil den Cerro Colorado (5748 m). Die Route von hier links am Berg entlang ist oben sehr lose und etwas heikel. Nach sieben Stunden ist sie zurück am Lagerplatz.
Fumarolen am Volcán Putana |
Vizcacha (Hasenmaus) |
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Lagerplatz am Cerro Colorado: Abendessen |
Nach einer weiteren Übernachtung an der Schwefelmine fahren wir zurück Richtung San Pedro, nehmen aber die westlichere der beiden Abzweigungen zum Sairécabur (also nicht die Straße zur Azufreira Saciel). Beschildert ist natürlich überhaupt nichts, aber die Landkarte (Openandromaps auf dem Smartphone) ist recht ordentlich. Die Straße ist ziemlich schlecht, und einige Schneeflecken sind hinderlich. Schon auf 5130 m kommen wir durch den Schnee nicht weiter, unser Auto hat zu wenig Bodenfreiheit. Schade, denn die Straße würde bis auf 5700 m hochführen.
Ich versuche den Gipfel von dort aus, zuerst der Straße folgend. Das stellt sich aber als deutlich zu weit heraus, die Straße durchquert diverse flache Ebenen. Für die letzte auf 5500 m brauche ich 40 Minuten, ohne einen einzigen Höhenmeter zu machen. Ich gehe nur bis zum Observatorium, das einsam am Rand dieser Ebene steht, Auch wenn es jetzt zum Gipfel steiler hinauf ginge, ich müsste mindestens drei weitere Stunden einkalkulieren. Das ist für die Tageslänge zu viel, und der Weg hierher war auch schon sehr anstrengend. Es bleibt also bei 5530 m, der Rückweg ist auch so schon lang und langweilig genug.
Nachmittags Rückfahrt nach San Pedro und Übernachtung im Hostal. Diesmal gibt es nur noch Vierbettzimmer ohne eigenes Bad, alles Bessere ist schon belegt.
Cerro Colorado (5748 m) |
Zwischen Sairecábur und Licancábur erstreckt sich ein riesiger Krater |
Sairecábur, am Observatorium |
Nachdem wir uns in San Pedro wieder zwei Abende zivilisiert ernährt haben, geht es nun an den zentralen Teil unserer "Expedition", den Volcán Acamarachi (Pili). Den Cerro Toco haben wir auch noch auf dem Permit stehen, aber den heben wir uns für später auf.
Die neue Straße über den Paso de Jama (CH-27) ist geteert und in sehr gutem Zustand. Hinter San Pedro de Atacama führt sie geradewegs die gleichmäßigen Hänge rechts vom Licancabur hoch - 2000 Höhenmeter auf den ersten 30 Kilometern. Wir kommen von der trockenen Wüste des Salar durch Punagras-Vegetation, um in der kalten Steinwüste der Hochpuna auf fast 5000 Metern zu landen. Die Straße wird stark von Autotransportern frequentiert, man sieht diverse Sattelschleppern an der Steigungsstrecke in unterschiedlichen Zuständen am Straßenrand abgestellt. Meist hat wohl die Zugmaschine die Arbeit nicht verkraftet.
Nach der Abzweigung der Straße nach Bolivien schlängelt sich die CH-27 auf einer Höhe von 4500 bis 4800 m durch weite Hochflächen, die von vielen Vulkankegeln umringt sind. Die Leere der Landschaft wirkt bizarr.
Nach 80 km verlassen wir die Teerstraße und arbeiten uns (einem GPS-Track folgend) am Salar de Pujsa vorbei ins Pili-Basislager (4575 m). Mehr als eine Fahrspur gibt es dorthin nicht, die Durchquerung des vereisten Bachs sorgt für etwas Spannung.
Am Basislagerplatz wird ein Zelt aufgestellt, in dem Marion, Henning und Nina bis übermorgen die Stellung halten. Claudia und ich steigen zu Fuß zweieinhalb Stunden weiter zu Lager 1, das mit unserem Auto leider nicht erreichbar ist. Für die groben Steine im Steilhang brächte man vermutlich einen echten Jeep.
Der Lagerplatz auf 4900 m liegt bald im Schatten. Zwecks Gewichtsersparnis gibt es heute nur kalte Küche, aber das ist kein Problem.
Straße zum Paso de Jama |
Basislager am Acamarachi (Pili), 4575 m |
Der Weg führt geradewegs auf den Acamarachi zu |
Lager 1, 4870 m |
Freundlicherweise liegt Lager 1 schon gleich bei Sonnenaufgang (7 Uhr) im Sonnenschein, wir können also schon um halb acht aufbrechen. Schließlich haben wir eine ganze Menge vor.
Nach einer halben Stunde wird das Gelände mühsam, ohne dass es wirklich effizient bergauf ginge: unregelmäßiger grober und loser Schutt. Dazu immer wieder ein lästiger, kalter Nordwind.
Langsam steilt sich die Flanke auf, und nach drei Stunden sind wir am Sattel der "Schulter" auf 5460 m. Hier türmt sich der eigentliche Gipfelaufbau auf, und er sieht einigermaßen spannend aus.
Es führen aber deutliche Spuren den linken Grat hoch, immer wieder findet man im steilen Gehgelände etwas Ähnliches wie einen kleinen Pfad, der sich aber bald darauf wieder verliert.
Manchmal kann man die Hände zu Hilfe nehmen, richtige Kletterei ist es aber nirgends. Weiter oben legt sich der Hang zurück; hier begegnet uns ein absteigender Chilene, der solo unterwegs ist und morgens um drei an seinem Auto (unterhalb unseres Basislagers) gestartet war.
Um 14 Uhr, nach sechseinhalb Stunden, sind wir am Gipfel (6046 m), es ist fast windstill. Die Rundsicht ist phänomenal, denn das ist der einzige Sechstausender weit und breit. Wir sehen gute hundert Kilometer weit alles voll von anderen Vulkankegeln.
Knapp unterhalb des Gipfels besuchen wir den Kratersee, mit 5950 m einer der höchstgelegenen Seen überhaupt2. Er ist allerdings zugefroren und die Eisdecke eingebrochen.
Im Abstieg kostet ein Verhauer nach rechts etwas Zeit und Nerven: Die breiten Abstiegsspuren waren so verführerisch gewesen, aber sie führen an einen senkrechten Abbruch. Mit Mühe finden wir durch heikles, sehr loses und steiles Gelände zurück zur Spur.
Zurück am Zelt um 16:30, nach dem Zeltabbau geht es gleich weiter. Schließlich wird es bald dunkel. Um halb sieben endlich sind wir bei den anderen im Basislager. Es ist gerade noch hell genug, das Zelt aufzubauen.
Aufbruch zum einzigen Sechstausender hier |
Von einem Weg kann man nicht reden |
Weiter oben wird es noch etwas steiler |
Der Gipfel ist in der Mitte |
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Aguas Calientes und Láscar |
Der Láscar stößt unaufhörlich Gaswolken aus |
Volcán Acamarachi, 6046 m |
Aussicht von West über Nord bis Südost |
Am Ufer des Kratersees (5950 m) |
Wenn man von der Route abweicht, kommt man in unangenehmes, loses Gelände |
Rückweg zum Basislager |
Die Nacht war kalt: Der Reißverschluss des Innenzelts ist kaputtgegangen. So schlief es sich nicht besonders, und die Zwangsruhe dauert hier länger als in Lager 1. Die Sonne kommt erst um halb neun, und vorher würde
kein halbwegs vernünftiger Mensch das Zelt freiwillig verlassen.
Mit Marion und Henning gehe ich auf den Cerro Negro de Pujsa, das ist eigentlich nur ein 500 Höhenmeter-Ausflug. Während der Wind am Acamarachi aber nur von Zeit zu Zeit stark war, bläst heute permanent ein 50 km/h-Wind, der uns die ganze Aktion
um viele Grade kälter fühlen lässt. Auf dem Gipfel finden wir in einer Filmdose, die leider beim Öffnen zerbröselt, einen Zettel von einer Besteigung 2002.
Freundlicherweise geht der Abstieg deutlich schneller als der Aufstieg. Wir fahren wieder in eine bequemere Umgebung runter nach San Pedro de Atacama.
Holz (Alter unbekannt) auf dem Cerro Negro de Pujsa. Hinten der Acamarachi |
Cerro Negro de Pujsa, 5135 m |
Statt Gipfelbuch findet sich hier nur ein Zettel |
Wieder auf dem Rückweg nach San Pedro |
Guanacos |
Heute gibt es nur Besichtigungsprogramm. Wir beginnen mit der Laguna Cejar, die wir aber beim Anblick der Schilder mit dem Eintrittspreis - $15000 pro Person - sofort wieder verlassen. Mag ja sein, dass man darin baden kann, aber für 20 Euro?
Weiter im Süden, jenseits von Toconao, geht es auch anders: Bei der Laguna Chaxa ("Salar de Atacama") zahlt man nur $2500 und bekommt drei verschiedene Sorten Flamingos zu sehen. Bei der Rückfahrt entdecken wir sogar einen Wüstenfuchs.
Im Salar de Atacama |
Hier leben drei Sorten Flamingos |
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eine kleine Laguna mit Sairecábur, Licancábur, Juriques |
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Der Wüstenfuchs trollt sich, offenbar ohne Beute |
Abends in San Pedro |
Ganz ohne Zeltübernachtung starten wir morgens vom Hostal aus zum Cerro Toco. Auch hier steht ein Radioteleskop, die Straße dorthin ist in recht gutem Zustand. Man kann problemlos bis 5250 m fahren, Dafür sind wir heute nicht die Einzigen hier: An der Straße stehen vier oder fünf Geländewagen, offenbar alles Toco-Besucher.
Am Parkplatz erwartet uns wieder mal ein unerbittlicher Wind. Marion und Henning wird es bald zu kalt, Nina sowieso, und sie ziehen sich ins Auto zurück.
Claudia und ich sind in zwei Stunden auf dem Gipfel, das dürfte der unaufwändigste Fünftausender überhaupt sein. Anders als bei den restlichen Touren sind wir auch nicht die Einzigen am Berg: Auf der Flucht vor dem Wind kommen uns mehrere Grüppchen meist sehr durchfrorener Chilenen, teils auch in Turnschuhen, entgegen.
Nur eine kurze Rast am Gipfel, der Wind ist sehr lästig, er wirft beim Selbstauslöser-Foto auch immer wieder den Fotoapparat um.
Runter zum Auto dauert es nur 20 Minuten. Mit meiner Daunenjacke besser ausgestattet, macht Marion zusammen mit Claudia einen weiteren Versuch und benötigt nur etwas weniger als eine Stunde für die 350 Höhenmeter zum Gipfel.
Nach der Rückkehr nach San Pedro de Atacama melden wir uns bei den Carabineros zurück. Den eigentlich geplanten Volcán San Pedro im Norden wollen wir gar nicht erst versuchen, weil ein zweiter Sechstausender mit Hochlager - diesmal
auch noch von der schattigen Südseite her - zu sehr an die Substanz ginge und wir lieber ein paar gemütlichere Unternehmungen für uns alle fünf machen möchten. Vor 20 Jahren wäre die Entscheidung vermutlich anders ausgefallen,
aber heute als fünfköpfige Gruppe zwischen 7 und 73 Jahren sollte für jeden genügend Interessantes und Machbares dabei sein.
Keine große Motivation zu archäologischer Bildung, so bleibt es (fast) beim Ruhetag. Nachmittags schauen wir uns die Sehenswürdigkeiten im Valle de la Luna an, die wir letztes Mal aus Zeitmangel ausgelassen hatten: Eine lange Höhle3 im Salzgestein ist besonders für Nina sehr interessant. Die Steinsäulen Tres Marias sind nur mit viel Fantasie als solche zu erkennen; das Salzbergwerk ganz am Ende bietet dagegen wieder interessante Einblicke in den früheren Salzabbau in der Gegend.
3Wichtig: Lampe mitnehmen! Die Wanderung durch den Cañon ist stellenweise eng und dunkel. |
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auskristallisiertes Salz an einer Höhlenwand |
Wir versuchen nochmal den Toco, denn Henning und Nina konnten in dem windigen Wetter vorgestern nicht hochgehen, weil sie nicht genug warme Kleidung dabeihatten. Diesmal sind wir besser ausgerüstet. Große Überraschung am Parklatz: Heute ist es windstill. Weiter oben bläst zwar ein leichter Wind, aber kein Vergleich zu vorgestern. Man kann sogar ohne Jacke gehen. Bei diesen guten Bedingungen erreichen wir alle fünf den Gipfel (5604 m). Nina kommt ihren ersten Fünftausender ohne sonderlich große Mühe hoch. Das ist ein schöner Abschluss unserer bergsteigerischer Aktitiväten.
Wieder am Cerro Toco |
Ninas Ankunft am Gipfel |
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Cerro Toco (5604 m). Die Winkekatze hatte sich im Gipfelsteinhaufen versteckt |
Zurück in Calama, finden wir per Zufall sehr schnell eine anständige Unterkunft - das "Hostal"-Schild gegenüber der Tankstelle brachte uns zu je einem ordentlichen Drei- und Zweibettzimmer mit Frühstück und improvisiertem Parkplatz (im Innenhof).
Die Stadt hat trotz ihrer Größe (140000 Einwohner) nicht viel zu bieten. Das bisschen Grünfläche im Zentrum ist wegen Bauarbeiten nicht nutzbar, die Hauptstraßen sind durch Baustellen ein einziger Stau. Zumindest aber kommt man abends zu einem halbwegs erschwinglichen Abendessen.
Beim Betrachten des Fernsehers fällt mir auf, dass die Uhrzeit nicht mit meiner übereinstimmt. Es scheint schon eine Stunde später zu sein, anscheinend hat man in der Zwischenzeit die Uhr umgestellt. Gut, dass wir das noch rechtzeitig merken - sonst wären wir insbesondere am Flughafen eine Stunde zu spät dran.
Morgens ein Ausflug nach Chiu Chiu, 30 km nördlich von Calama. Der Ort sieht ungefähr so aus wie San Pedro de Atacama vor 20, 30 Jahren: eine Plaza mit schöner, alter Kirche, zwei winzige Lebensmittelläden, ein Gasthaus.
Im kleinen Tal des Rio Loa weiter oberhalb ist es schön grün, es grasen Llamas und Schafe zwischen einer großen Anzahl alter, ausrangierter Autos in verschiedenen Zerfallsstufen.
Die Pukara de Lasana, die Ruinen einer alten Atacameños-Siedlung aus der Zeit 400-1200 n. Chr., ist auch noch einen Besuch wert.
Chiu Chiu |
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Pukara de Lasana; hinten der Volcán San Pedro |
Diese Nacht waren die Hunde außergewönhlich laut. Tagsüber dösen sie überall auf den Gehwegen, nachts wird das jeweilige Revier mehr oder weniger lautstark verteidigt.
Die Besichtigung der Kupfermine Chuquicamata ist ein organisierter Halbtagesausflug von Calama aus. Der Ort Chuquicamata wurde 2007 wegen strengerer Umweltvorschriften aufgegeben,
die Arbeiter nach Calama umgesiedelt. Die Erklärung der verschiedenen Verfahren der Erzaufbereitung ist zwar ganz interessant (spanisch und "englisch"), zieht sich aber etwas in die Länge.
Sehr eindrucksvoll ist das gigantische Loch, das inzwischen 1000 Meter Tiefe erreicht hat. Die Riesenlastwagen, die das Erz vom Boden nach oben transportieren und dabei eine Stunde unterwegs sind, sehen in dieser Szenerie wie Spielzeugautos aus.
Nach der staubigen Chuqui-Tour gibt es abends endlich eine Dusche, allerdings nur in Marions und Hennings Zimmer. Das liegt über dem Wassertank; in unserem Zimmer haben wir noch kein wirklich warmes Wasser erlebt.
Parque El Loa, Calama |
Chuqui-Lkw im Größenvergleich |
Das Loch ist einen Kilometer tief |
Nach einer Stunde kommt das Erz oben an |
Mittags geben wir den Mietwagen am Flughafen ab und haben viel Zeit bis zu unserem Flug nach Santiago.
In Santiago geben wir das große Gepäck in die Gepäckaufbewahrung im Flughafen (was mit $25000 kein billiges Vergnügen ist) und fahren mit dem Centropuerto-Bus in die Stadt. Unsere vorher gebuchte Unterkunft ist schnell gefunden, es ist ein ganz anständiges Hostal in der Innenstadt. Nach dem Abendessen sind wir bald im Bett, denn morgen geht es früh weiter - wir sollten um halb acht am Flughafen sein.
Rückreise: die Anden bei Santiago |
Busfahrt, Gepäck holen, Einchecken funktioniert reibungslos. Bordkarten für den Iberia-Flug müssen wir in Buenos Aires holen, aber das Fluggepäck kommt durch bis München. Pünktlich fliegen wir nach Buenos Aires. Dort ist das Wetter richtig schlecht: 10°C, Regen. Wir müssen etwa eine halbe Stunde lang im Flugzeug warten, bis man endlich die Tür aufbekommt, sie war wohl durch Vereisung blockiert. Das macht uns nicht gerade entspannt, haben wir doch nur anderthalb Stunden bis zum Weiterflug. Der Weg zum Gate für den Weiterflug ist nicht gerade kurz, aber es gibt dort immerhin die Bordkarten bis München; die Zeit reicht am Ende gut (aber das weiß man ja vorher nicht). Der lange Flug nach Madrid ist voll besetzt, in den Mittelreihen kommt man praktisch nicht zum Schlafen. Wenigstens kann man sich die Zeit mit einigen Filmen vertreiben.
Das Schokokonfekt, das es zum Frühstück gegeben hat, muss wohl deutliche Spuren an Erdnuss enthalten haben, die uns Erwachsenen geschmacklich nicht aufgefallen waren: Nina (Erdnussallergie!) klagt über Magenschmerzen und leert während des Landeanflugs ihren Mageninhalt in die verfügbaren Tüten. Versehentlich sind die Fenistil-Tropfen im Fluggepäck gelandet, wo wir nicht herankommen. Im Flughafen Madrid suchen wir eine Apotheke auf, die ein vergleichbares Allergiemedikament hat. Leider gibt es das nur als 150 ml-Flasche. Beim Hin und Her der Medikamentensuche müssen wir auch mehrmals durch die Sicherheitskontrolle, zumindest wird die Medizin dabei nicht beanstandet.
Im Flugzeug nach München ist Ninas Magen wieder ruhig; der Flug und die Bahnfahrt nach Hause verlaufen wie geplant, wir sind kurz nach 17 Uhr zurück zu Hause. Seit wir in Calama ins Flugzeug gestiegen sind, waren wir damit aber auch 44 Stunden unterwegs.
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Letzte Änderung: Dienstag, 1. November 2016 durch Hartmut Bielefeldt