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Radtour Berlin - Usedom2. - 8. August 2011Eine Tour ohne Berge, ausnahmsweise. Wir wollten gerne eine mehrtägige Radtour unternehmen und dabei bei der Unterkunft möglichst flexibel sein. Das heißt, die Campingausrüstung sollte auch mit. Mit Fahrradanhänger und dem entsprechenden Gepäck schien uns Norddeutschland ein geeigneres Terrain zu sein als unsere hügelige Heimat. Außerdem waren wir dort noch nie. Wir orientieren uns am Radfernweg Berlin-Usedom. Den Start verlegen wir aus dem Stadtzentrum nach Karow, weil wir dort nach der langen Autofahrt in den Norden bei einer Bekannten übernachten können. Übersichtskarte Dienstag, 2. AugustBerlin-Karow - Werbellinsee (72.5 km)Die Radroute ist - auch dank GPS - schnell gefunden. Von Karow geht es über Buch nach Zepernick, teils durch Wohngebiete mit ziemlich grobem und marodem Kopfsteinpflaster. Mit kleinem Kind im Anhänger kommt man hier kaum schneller als mit Schrittgeschwindigkeit durch. In Bernau ist die Streckenführung etwas unübersichtlich, doch danach kommen wir zügig und ohne Suchen weiter. Das Biesenthaler Becken ist eine sehr schöne Wald- und Wiesenlandschaft mit kleinen Hügeln. Einzig die Überquerung der Autobahn hinter Biesenthal ist wegen des Kopfsteinpflasters wieder eher zäh. Mittagspause an der Grafenbrückschleuse, danach an Marienwerder vorbei nach Rosenbeck und an den Werbellinsee. Während der Radweg am Werbellinsee immer wieder steil die Hügel hoch und runter führt, verläuft die anscheinend neu ausgebaute Straße nahezu eben. Solche Steigungen wie auf dem Radweg wären den armen Autofahrern wahrscheinlich nicht zumutbar gewesen. Am Nordende des Sees ist auf der Landkarte ein Campingplatz eingezeichnet, doch der versteckt sich ziemlich gut. Erst als wir nach einigen Umwegen fast da sind, sind Schilder zu sehen. Der Platz ist tatsächlich ein Vereins-Dauercampingplatz direkt am See, mit sehr naturnaher Infrastruktur. Als Gast mit geringen Ansprüchen an Komfort ist man dort aber willkommen und gut aufgehoben. Die nächste Einkaufsmöglichkeit ist Joachimsthal, das gibt also noch einen Abend-Ausflug von 4 km hin und 4 km zurück.
Mittwoch, 3. AugustWerbellinsee - Warnitz (44.8 km)Am Morgen arbeiten wir uns wieder die Steigung nach Joachimsthal hoch. Nina hat heute keine so rechte Lust, im Wagen zu sitzen. Das unterstreicht sie, indem sie ständig Gegenstände aus dem Wagen wirft. Zum Glück weist mich eine Autofahrerin auf die hinter mir auf der Straße liegenden Schuhe und Socken hin. In Parlow gibt es einen Kinderspielplatz, wir machen also schon nach 11 km eine längere Pause in der Hoffnung, dass danach dann irgendwann der Mittagsschlaf kommt. Am Wolletzsee vorbei geht es auf hügeliger, aber guter Strecke bis zum Peetzigsee (Mittagspause, km 29). Das Wetter ist ziemlich warm, die kleinen Steigungen werden in der Hitze zunehmend lästig. Die Autobahnüberquerung zwischen Steinhöfel und Stegelitz gibt der Unternehmung wieder einen abenteuerlichen Charakter: Kopfsteinpflaster, Schlamm und tiefe Pfützen. Es hat in der Gegend im Juli ein Vielfaches des normalen Monatsniederschlags gegeben, und das Wasser will wohl einfach nicht abfließen (weiß vielleicht auch nicht wohin?). Nach vielen weiteren Hügelchen, nun teilweise auf Betonplattenstraßen, erreichen wir den Campingplatz bei Warnitz am Oberuckersee. Wir richten unser Plätzchen ein und wollen danach noch einen Laden suchen und Getränke einkaufen. So etwas aber gibt es - laut Platzwart - erst in Prenzlau wieder, 20 km nördlich. In Warnitz gibt es - nichts. Ein gewisses Getränkeangebot hat die Rezeption des Campingplatzes, und einen Kilometer nördlich gibt es eine kleine Gartenwirtschaft. Immerhin ist der Campingplatz schön im Wald am See gelegen. Mücken gibt es - wie schon am Werbellinsee - daher in unbegrenzter Menge.
Donnerstag, 4. AugustWarnitz - Pasewalk (62.9 km)Am Ober- und Unteruckersee entlang radeln wir nach Norden; die Seen sieht man allerdings nur selten hinter dem Schilf oder den Bäumen. Nach 24 km sind wir in Prenzlau, das als größere Stadt diverse Supermärkte bietet, außerdem einen Park mit einem Spielplatz. Nördlich von Prenzlau fährt man auf ruhigen Nebenstraßen etwa alle 4 Kilometer durch kleine Straßendörfer, dazwischen eine etwas eintönige flache Landschaft. Wir hatten uns überlegt, im Gut Schmarsow zu übernachten; dort sind wir aber schon am frühen Nachmittag und fahren lieber noch bis Pasewalk, damit die morgige Etappe kürzer wird. In Pasewalk empfiehlt die Tourist-Info uns den Lokschuppen. Das ist ein ausgedienter Teil des Bahnbetriebswerks, der Übernachtungen im Eisenbahnwaggon anbietet. Dort gibt es zwar keine Doppelbetten, wo Nina sich in der Mitte einnisten könnte, aber wir bekommen ein Abteil mit Kinderbett. Wir können die Drehscheibe des Lokschuppens in Betrieb bewundern und ein Stückchen mit der Draisine fahren. Diverse Waggons des früheren Regierungszugs der DDR stehen auf dem Gelände und werden für unterschiedliche Zwecke verwendet. Auch zwei größere Dampfloks stehen im Lokschuppen.
Freitag, 5. AugustPasewalk - Ueckermünde (38.9 km)[Schiff] Kamminke (5.3 km) Von Pasewalk aus folgen wir der Straße nach Torgelow, denn drumherum ist alles militärisches Sperrgebiet ("Waldmeer, Sandmeer, gar nichts mehr"). Da der Radweg von Torgelow nach Eggesin noch überflutet sein soll, folgen wir weiter der Straße, bis wir (nach diversen lästigen Seitenwechseln des Radwegs) schließlich in Ueckermünde ankommen. Von hier möchten wir mit dem Schiff nach Usedom übersetzen, um den langen Bogen über Anklam zu sparen. Natürlich sind wir nicht die einzigen, die so eine Idee haben. Schließlich werden es 40 oder 50 Fahrräder sein, die irgendwie auf der kleinen Ausflugs-Nussschale festgebunden werden. Ohne jegliche Verluste durchquert das Schiffchen das Stettiner Haff und legt an einer kleinen Anlegestelle in Kamminke auf Usedom an. Der Himmel hat sich im Westen schon ziemlich schwarz gefärbt; es lässt uns gerade noch Zeit für einem kurzen Verhauer nach Norden und das Hochfahren bzw. -schieben des steilen Bergs zum Campingplatz, dann prasselt ein kräftiger Regen auf uns herab. Zum Glück haben wir einen eingerichteten Wohnwagen bekommen, der ist zwar teurer als das Zelten, aber in Anbetracht des Wetters in diesem Moment Gold wert. Ausladen in Kamminke Samstag, 6. AugustKamminke - Swinemünde - Ückeritz (33.6 km)Morgens ist das Wetter wieder gut. Mit dem Anhänger wird uns geraten, über den polnischen Inselteil zu fahren (dort sei es flacher). In Świnoujście (ehemaliges Swinemünde) kaufen wir im Supermarkt ein, wer weiß welche Infrastruktur die Seebäder an der Ostseeküste haben (die Lektion aus Warnitz...). Nach einer längeren Pause im Kurpark (Spielplatz) fahren wir weiter Richtung Strandpromenade und arbeiten uns durch die Touristenmassen hindurch. Außerhalb der Stadt, direkt an der Grenze, ist der Trubel etwas geringer. Dort kann man den Strand mit dem Fahrrad erreichen; das Wasser ist eher etwas kühl. Der weitere "Radweg" nach Ahlbeck, Heringsdorf etc. ist so ähnlich wie wir das vom Bodenseeradweg her kennen: Der Slalom an den promenierenden Kurgästen vorbei ist mühsam und gefährlich. Die Landstraße ist dagegen vom Autoverkehr sehr stark frequentiert und hat keinen Radstreifen. Trotzdem wählen wir Letztere, wir müssten uns sowieso ab Bansin auf die Straße hin orientieren, um die Hügel an der Küste zu umgehen. Eine unscheinbare Abzweigung führt uns zurück nach Norden, wo wir von hinten in den Campingplatz Ückeritz kommen. Nach einigen Kilometern finden wir die Rezeption und auch einen Zeltplatz nicht allzuweit entfernt. Es sind fünf Minuten zum Strand. Heute ist das Wetter sonnig, aber etwas windig. Nina kann sich stundenlang mit dem Sand beschäftigen.
Sonntag, 7. AugustRuhetag Campingplatz ÜckeritzMorgens regnet es kräftig, die Schauer hören erst um Mittag herum auf. Danach ist es bewölkt. Abgesehen von kurzen Ausflügen zu Fuß am Strand verbringen wir den Tag im Zelt beim Kampf gegen die Überzahl der Mücken. Überraschend kommt abends noch die Sonne heraus. Auch bei bedecktem Wetter kann man zumindest herumsandeln Montag, 8. AugustÜckeritz Bahnhof (2.5 km)Bahnfahrt nach Berlin Berlin - Berlin-Karow (21.8 km) Eine stabile Schönwetterphase ist nicht in Sicht, denn am Morgen regnet es schon wieder. Wir nehmen den Zug um 09:44 am Bahnhof Ückeritz. Noch ist es nicht allzu voll, aber das ändert sich im Lauf der Strecke - wir sind natürlich nicht die einzigen mit vollbepackten Fahrrädern. Das Umsteigen in Züssow funktioniert problemlos, wenn es auch etwas Planung und Disziplin erfordert, zwei Fahrräder, einen Anhänger und ein kleines Kind vom Bahnsteig in den Zug zu befördern. Nach 3 3/4 Stunden schon sind wir in Berlin (Hbf tief). Das Erreichen des Tageslichts dauert eine gewisse Zeit, denn meist kommt der Aufzug im Tiefgeschoss voll mit Leuten an, die eigentlich vom Erdgeschoss nach oben fahren wollten. Da passt dann kein Fahrrad mehr rein, und man kann nur auf die nächste Runde hoffen. Als das geschafft ist, fahren wir das noch fehlende erste Stück des Radwegs durch Berlin zurück nach Karow. Während viele der anderen Radfahrer in der Hauptstadt eine offensichtlich sehr eigenwillige Interpretation von Verkehrsregeln haben, sind die meisten Autofahrer darauf erstaunlich gut eingestellt und entsprechend vorsichtig.
Am Nachmittag fahren wir noch mit dem Auto bis nach Oberfranken, um nicht morgen die gesamten 700 Kilometer zurücklegen zu müssen. Dienstag, 9. AugustHeimfahrtDer Rest der Heimfahrt per Auto verläuft einigermaßen ordentlich. Auffällig ist für uns Bodenseeanwohner (die von moderner Verkehrsplanung ja die letzten 40 Jahre etwas vernachlässigt wurden), wie gut der Verkehr auf den Autobahnen mit drei Fahrspuren je Richtung laufen kann, und wie schnell das Ganze bei nur zwei Spuren durch die vielen Lastwagen ausgebremst wird. Unsere Erfahrungen mit dem Radfernweg
Literatur/Informationsquellen
© 2011 Hartmut Bielefeldt
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